Es geht in die polnische Provinz, einen Ort namens Slupsk. Ein Ausdruck, der wie ein Pokémon aus meinem Gehirn scheint, ein blaues Wasserpokémon, das seine Zunge zum Angriff nutzt und dann dieses Geräusch macht. In Sklurps wurden wir relativ unfreundlich empfangen, was eventuell am Wetter gelegen hat. Die Kommunikation gestaltete sich schwierig, aber zwei Großstadtmäuse schafften es, den richtigen Bus zu finden, in diesen einzusteigen und liebevoll herauskomplimentiert zu werden. Wie gut, dass wir wussten, dass unsere Station die Endhaltestation war. Willkommen in Łeba, ein am Meer gelegenes Kleinstädtchen, berühmt für seine Düne, seinen Nationalpark und Erinnerungen aus meiner Kindheit. Angekommen in unserer kleinen Residenz beginnt es zu schütten wie aus Eimern. Genauso hat man sich den Girls-Trip vorgestellt. Aber was soll’s – man holt die Italo-Playlist raus (in Italien scheint ja bekanntlich immer die Sonne) und stößt mit einem Rosé an. Nichts verdirbt uns hier die Laune. Gott war uns gnädig, denn zum Abend kam die Sonne raus, und wir saßen im Spa-Schlosshotel auf einen Sundowner zum Sonnenuntergang, während direkt neben uns ein Paar die Feier der Liebe zelebrierte.
Der Nationalpark ist eine Reise wert, beeindruckend – Natur! Und als der Regen wieder die Oberhand gewann, sitzt man gemütlich bei Espresso Martini und Heilbutt im Restaurant und – so wie es bei engen Freundschaften eben oft der Fall ist – unterhält sich über Gott und die Welt und merkt nicht mal, wie schnell die Zeit verfliegen kann. Der Kellner empfiehlt uns noch die Bar, die seinen Freunden gehört, wo man mein geliebtes „Peter“-Kartenspiel bis in die Nacht spielt. Man lernt noch die Dorfjugend kennen und fühlt sich plötzlich alt unter all den 18-Jährigen, für die ein Samstag nun mal das ist, was auch für mich damals eben ein Samstag war: zu viel Make-up, Vorglühen in der Bar und ab in den Club – eben den, der am nächsten ist (im Fall von Łeba gibt es nur einen).
Der Rückweg gestaltete sich als Abenteuer, denn an Sonntagen fährt NICHTS – das hörte man von allen umliegenden Bundesländern, nun durfte man das selbst erleben. ChatGPT ist da übrigens keine große Hilfe. Chat sagt nämlich einfach: Dohoooch, hier, sag ich doch, der fährt 3-mal am Tag – und dann sagst du: Nein, Mann! Nicht an Sonntagen. Und er dann: Dohoooch!
Zurück in Sklurps werden noch große, kurzfilmische Entscheidungen getroffen, bevor es zurück in die Hauptstadt geht, in der zwischenzeitlich die Eiszeit eingetroffen ist. Danke Polen für einen sehr schönen Kurztrip.
9. Juni
Der Körper einer Mitte- (Endmitte-) Zwanzigerin fühlt einen 10-stündigen Flixbus-Trip. Das Grau in Berlin hilft keineswegs, den Energievorrat aufzufüllen, also macht man das einzig Vernünftige, um ein wenig Produktivität zu fühlen: Man säubert seine Wohnung und sortiert Schubladen. Dann hat man wenigstens das Gefühl, etwas geschafft zu haben.
Musik
Man findet einen neuen Comedian auf Netflix und befreundet sich sofort mit diesem. Warum mir Mike Birbiglia noch nicht untergekommen ist, werfe ich nun den Freunden vor, die verantwortlich gewesen sein könnten, erfreue mich aber sehr über meine Neuentdeckung.
Hot Chocolate ist die Einigung des Summer Grooves, und ich freu mich drauf.
Andere Inspirationen
Zufällig wird man gefragt, ob man gut darin sei, wütend zu sein. Ein Paar hatte anscheinend eine Streitigkeit zu klären, als man diese kurz unterbrach, um nach einem Feuerzeug zu fragen.
Tatsächlich nicht, denke ich. Und wenn, versuche ich, dieses Gefühl so schnell wie möglich abzuschütteln.
Musik
Zum Beispiel mit meiner Schlechte-Laune-Playlist.
Film
Anstatt sich weiter mit Tom Cruises Filmografie zu beschäftigen, guckt man weiter „The Americans“.
10. Juni
Man lädt zum Casting ein und fühlt sich in dieser Position nicht besonders wohl. Plötzlich kommen da Menschen, die mein Drehbuch erst lesen und dann ins Leben bringen sollen, und ich muss das dann entscheiden. Nervös öffne ich dem ersten Menschen die Tür – einem Menschen, den ich gottseidank schon kenne. Drei Wochen Weltreise auf einem Kreuzfahrtschiff schweißt einen doch zusammen. Es macht magisch klick und es besteht kein Zweifel, dass das eine gute Idee war mit der Besetzung. Dann kommt ein mir völlig fremder Mensch in die Wohnung, und schon beim ersten „Hallo“ war ich schockverliebt. Wenn Filmdreh immer so einfach ist, dann bin ich der glücklichste Mensch der Welt.
Wir sitzen bei Kaffee und Zitronenwasser um meinen fast schon tafelähnlichen Tisch in der Küche und lesen mein Geschriebenes zusammen. Springen könnte ich vor Freude und diesem anwesenden Talent.
Musik
Im Hintergrund dazu läuft The Velvet Underground. Ein kleiner Andy-Vibe am Rande.
Andere Inspirationen
Nach getanem Casting und Aufräumen der Wohnung sitzt man in der S-Bahn nach Moabit, dem früheren Zuhause. Die Gedanken rattern: Man ist so inspiriert, dass man nicht aufhören kann, mit Ideen zu jonglieren und Dinge ins Notizbuch zu schreiben. In Moabit angekommen geht es in das zweite Herzensprojekt: Man trifft sich zum Operieren. Was ein schönes Wortspiel sein könnte, noch keinen Sinn aber ergibt. Wir proben für die am Sonntag stattfindende Oper, auch aus meiner Feder entsprungen. Großartig. Und alle sind so gut vorbereitet – alle außer zwei, denen sei es aber verziehen, da sie direkt aus Indien sich in den Proberaum verfrachtet haben.
Der letzte Stopp der Berlin-Reise führt mich in mein geliebtes Schöneberg – da wird der Champagner geköpft und in der Victoria Bar auf einen geliebten Menschen angestoßen.
Ohne es tief ausführen zu müssen, aber mir als deutsche Super-Kartoffel werden die Probleme außen selten bewusst gemacht. Wenn jemand sich zu seinem Geburtstag wünscht, dass in seinem Heimatland Frieden einkehrt und Menschenrechte respektiert werden sollen, dann gibt mir das sehr zu denken. Jedenfalls gehe ich mit bei diesem Wunsch – nicht nur für den Geburtstag, nein, eigentlich für jeden Tag.
11. Juni
Mit großem Elan bereite ich das letzte Casting vor, voller Neugier und Vorfreude, die noch vom Vortag kommt.
Musik
Der Wicked-Soundtrack ist eine große seelische Unterstützung dafür.
Andere Inspirationen
… und dann werden eben doch nicht alle Hoffnungen sofort erhört. So passte ein Mensch nicht zum geschriebenen Charakter und wurde wieder entlassen. Tja, so kann das auch gehen. Hiermit habe ich damit die erste Erfahrung gemacht. Daumen drückend sind dann besetzter Hauptdarsteller und Regisseurin hinaus in die Sonne gegangen, um sich vertieft übers Projekt und übers Künstlersein auszutauschen – und dann kam der Anruf von Gott, der sich als perfekte Besetzung für den letzten Charakter ergab. Wir sind komplett, wir können anfangen zu drehen. Ich liebe jeden einzelnen meiner Schauspieler, und alle scheinen vom Skript etwas zu halten. Also: Klappe, die 1.
12. Juni
Ein kleiner Exkurs in die Vergangenheit: Ich durfte die ersten Bilder unseres Traumschiffes Bora Bora sehen. Mit großer Aufregung verließ ich das Haus, mit größerer Nervosität betrete ich das Tonstudio – Nachsynchros waren immer einfach für mich, aber die letzte ist schon einige Jahre her. Wie denke ich über mich, wenn ich mich wieder auf dem Screen sehe? Werde ich enttäuscht sein? Wird es funktioniert haben? Ist der Traum aus, sobald das Mikrofon an meinem Shirt platziert ist?
Nein.
Nach einer Stunde strahle ich – und mein Herz und meine Seele. Ich war in Bora Bora, ich durfte eine fantastische Rolle übernehmen, und es sieht alles so wahnsinnig, wahnsinnig kitschig aus. Ich kann jetzt Weihnachten kaum abwarten.
Der Rest des Tages: Man kümmert sich um Sponsoring – auch wieder etwas Neues gelernt – und man spielt das erste Mal ernsthaft mit dem Gedanken eines Feature Films. Die Zeit ist da, die Inspirationen kommen, es ist Sommer in Berlin…
Musik
Es war die ganze Woche fast ausschließlich meine Italo-Playlist oder „Wicked“.
Film
Ich schaue zum Einschlafen „This Is Us“. Ich mag „This Is Us“ nun doch sehr.
13. Juni
Es ist Freitag, Freitag der 13. Das war auch mal ein Titel eines Newsletters – ungefähr ein halbes Jahr her. Es gibt reichlich zu tun. Nicht nur heute, auch am Wochenende. Es wird fleißig geprobt, es wird performt, es wird hoffentlich aber auch einfach faul in der Sonne gelegen.
Diese Woche verging so schnell, und meine Kreativbatterie ist auf 100 Prozent aufgeladen und freut sich sehr auf alles, was kommt.
Ich halt dich auf dem Laufenden.
Mach’s gut, Bussi Baba