Und nach langem trüben Schweigen
Kamen goldne Tage wieder.
So will die Sonne uns Berlin neu zeigen
und legt die Wintermäntel nieder. - Eichendorff
7-9. März
Ein Herz voll mit Liebe...
Wie jedes Jahr verändert sich Berlin, sobald die Sonne den blauen Himmel erstrahlen lässt. Alle kommen aus ihren Höhlen und trinken schon Aperol Spritz, bevor die Uhr 12 schlägt. Man hört wieder in OK Go rein und erfreut sich am Markt am Paul-Lincke-Ufer, flaniert von Kreuzberg nach Kreuzkölln und ist richtig guter Dinge. Was für ein Freitagmorgen! Die Sonne bleibt, auch wenn man sie nur vom Schreibtisch aus sieht, während man dann eben doch noch eine Weile am Computer sitzt. Doch sie zieht einen auf das Tempelhofer Feld, bevor sie sich für den Tag verabschiedet, und der Himmel ist fast so schön lila wie in Bora Bora. Man nickt ihr noch kurz freundlich zu und weiß, dass sie das ganze Wochenende bleibt, die Stadt ins helle Licht taucht und uns allen Gesellschaft leisten wird.
Freunde, ich bin ja so glücklich, dass das Feld jetzt zu meiner Nachbarschaft gehört, zu meinem Kiez, wie wir Berliner sagen. Wie ich vielleicht schon öfter hab verlauten lassen, bin ich ja sowieso nicht der größte Moabit-Fan gewesen, aber endlich gehören mir (und mir allein) die Teile Berlins, die ich sowieso am liebsten mag.
Film
Man betrat abends also wieder das Passage-Kino, nachdem man am Vortag dieses hellauf begeistert nach A Complete Unknown verlassen hatte, um Bird zu sehen. Bird ist ein Film, der sich in den Suburbs Englands abspielt. Sehr arme Gegend, und die Kids wissen eben nicht viel mit sich anzufangen. Sehr Indie! Und man braucht anscheinend keine Kameraassistenten mehr, wenn man einfach entscheidet, alles auf Handkamera zu drehen. Es wackelt den ganzen Film! Und ich habe ihn als einen sehr emotionalen, fast schon schweren Film empfunden (auch was den Akzent angeht - ich bin ja manchmal so froh über Untertitel!). 6,7 von 10 Sternen.
The 39 Steps ist leider gar kein guter Film. Also gar nicht. Ein sehr James-Bond-artiger (nicht weil cool, sondern weil super sexistisch) Hitchcock-Film. Einziger Spaß, den man hat, ist, dass er in Schottland spielt und man deswegen ab der Mitte gar nichts mehr versteht. Zäh. 4,6 von 10 Sternen.
Musik
Ja, Bob hat es mir jetzt angetan - Blood on the Tracks ist das beste Album! Mit Bob lässt es sich sehr gut durch die Straßen meines neuen Kiezes flanieren und die Freitagabend-Atmosphäre einsaugen. (Viele Menschen betrinken sich an verschiedenen Orten.)
Samstagmorgens ist es dann doch aber der Wicked Soundtrack, der statt des Folksängers durch die Küche und in meiner Dusche den Ton angibt.
Andere Inspirationen
Und statt Musik, aber mit einem sehr verbundenen Menschen im Ohr, spaziert man durch den Treptower Park, und es fühlt sich an, als wären alle, alle Berliner draußen und fluteten die Parkanlagen, sowohl mit sportlichen Aktivitäten als auch mit Sekt beschäftigt sitzend.
Frühling ist da - und das am Weltfrauentag. Auf der Insel der Jugend, da wo man als junge Frau am 8. März hingehört, sieht man den Sonnenuntergang gepflegt mit einem Glas Aperol in der Hand, wohnt dem FANTASTISCHEN Konzert der forgotten female composers bei - mit Diskokugel und der Spree, die man direkt aus dem Fenster sehen kann. Beseelt, einen intellektuellen Start in die Samstagnacht zu haben, sitzt man dann jedoch schnell im Bus Richtung Kreuzberg und entert eine Rock-'n'-Roll-Kneipe. Mehr Musik! Jim Kroft hat nach Jahren seines Musikerdaseins ein FANTASTISCHES Comeback hingelegt, da steht er als der Rockstar, der er ist, und tut so, als wäre es das Normalste der Welt und sowieso erst gestern gewesen. Auch Sir Boyfriend legt eine tolle Performance hin. Es wurde getanzt, gesungen, gelacht und sich gefühlt wie eine Schildkröte - Berliner Abende können so vielseitig sein.
Und zack ist es Sonntag! „Ich will Eggs Benedict, ohne Schinken, aber mit Lachs.“ - „Das heißt dann anders.“ - „Mir egal, ich will Eggs Benedict, ohne Schinken, aber mit Lachs.“
Was sie will, bekommt sie. Und Mimosas dazu. Dann werden Bora Bora-Geschenke verteilt (na endlich! Drei Wochen nach Ankunft aus dem Paradies), sich auf den Drahtesel geschwungen und zum totesten Punkt (Potsdamer Platz) in Berlin gefahren. Bridget Jones stand auf der Liste. Mit Popcorn UND Nachos, weil war ja Sonntag! Und dieser Film ist wahrscheinlich der beste der ganzen Reihe. Der erste muss es schon sein, weil er ist ein Klassiker, und der dritte, den kann man überspringen - aber der vierte Teil der Reihe ist wahnsinnig berührend, clever und schön erzählt und macht riesen Spaß im Kino. 10 von 10 Sternen - so nämlich!
Und da man sowieso schon gut im Flow war, begab man sich noch zum Bowling, (in dem man ganz überraschend viel zu gut war.) Ein letztes Bier mit tollen Freunden, Burger im Bett, und Zero Day wurde beendet.
Maaah. Nicht wirklich catchy, zu langatmig, auch De Niro war nicht umwerfend. Verlorene Geschichte, hätte alles besser sein können. 4,6 von 10 Sternen.
10. März
Der Morgen beginnt wieder sonnig, und ich merke, ich wurde wieder in den Berlin-Trott hineingezogen. Denn das war etwas, was ich auf der Reise nicht erwähnen brauchte, hier aber das Herz hüpfen lässt.
Musik
Little Criminals ist ein fantastisches Album – und es ist von dem Toy Story-Guy! Sagt das doch gleich! Perfekt zum Lesen und Kaffeetrinken in der Bahn. Und weil zu gute Laune sein muss, darf AJR auch wieder mit in die Playlist.
Film
Delicious war sofort auf der Liste und wurde auch sofort angeschaut – und ich wurde gut unterhalten! Finde alle Schauspieler gut, mochte den Look und war doll amüsiert über die ganzen Reviews. Wie viel Hass dann doch auf deutsche Filme spürbar ist, Leuuute… Solide 6,5 von 10 Sternen.
Black Doves wurde mir schon für den Rückflug empfohlen, aber da war My Penguin Friend dann doch wichtiger. Fängt sehr gut an – so hatten wir es doch auch von Zero Days erwartet. Verliebte Spionin verliert ihre Affäre in den ersten drei Minuten. Boom. Stay tuned.
Musik
Auch am Abend bleibt Little Criminals fantastisch. Wir werden immer mehr zum Countrygirl, ich sag’s euch, Freunde.
Andere Inspirationen
Ein Montag kann sich ziehen wie Kaugummi in so einem Bürojob. Da hilft auch kein Jan, da hilft auch kein Oli (immer noch keine weiteren Podcast-Empfehlungen, leider). Da wundert es einen nicht, dass die geballte Energie sich dann am Abend entlädt und in wahnsinnig positive Energie umgewandelt wird.
11. März
Kennst du das, wenn du ein Geschenk für eine sehr nahestehende Person kaufst, dir richtig Gedanken gemacht hast und dann zum Entschluss kommst, dass du es doch behalten willst? An meine arme Nichte: Es tut mir wirklich leid.
Musik
Ein weiteres fantastisches Album an einem sehr, sehr kalt-grauen Dienstag ist Coming from Reality von Rodriguez. Die Morgende lassen sich eigentlich ganz gut in der S-Bahn verbringen – mit dem Buch, mit dem man nicht ganz vorankommt, und guter Musik… Das Album bleibt einfach gut für den gesamten Dienstag. Warum ständig wechseln, wenn man doch weiß, was einem gerade gefällt?
Andere Inspiartionen
… und die Moral von der Geschicht: Man sollte seine Traumschlösser da bauen, wo man gerade physisch ist, und nicht auf Wolken. Kryptisch – bleibt aber auch so. Abendspaziergänge mit besten Freunden in seinem neuen Kiez? 15 von 10 Sternen.
12. März
Ein guter Morgen war das. Langsam, ohne Yoga, aber gut. Zur Unterhaltung des täglichen Weges ins Büro: We Made It Weird mit Pete Holmes und Zach Braff Returns. Der war ja nicht soooo gut drauf. Ich weiß nicht, ob es am Podcast lag oder am Wetter und an Verpflichtungen, auf die man liebend gerne verzichtet hätte, aber der Tag wurde sehr schnell sehr moody. Auch die verlängerte Mittagspause (nope, einfach keine Motivation, von der Parkbank aufzustehen und wieder zum Ku’damm zu gehen) half nicht dagegen. Zäh wie Kaugummi unter Schulbänken verlief sich dieser Mittwoch. Auch die Doku über Ashley Madison war keine gute Ablenkung (ach, Amerika…).
So war man dann umso glücklicher, als man mit null Energie Charlottenburg hinter sich ließ und Station für Station die gewisse Vorfreude auf Zuhause den Dooftag aus den Gedanken verbannen ließ.
Tür auf, Sachen in die Ecke – David Bowie an!
Leider muss man dann doch noch den langweiligen Haushaltsverpflichtungen nachgehen, wie zum Beispiel einkaufen. Aber das geht ja dann auch schnell.
Am Abend dann Black Doves, frische Lemon-Peppermint-Pasta und Ukulele-Session. So richtig Rock ’n’ Roll (so weit das eben geht mit meiner kleinen Ukulele). Und damit bewiesen: Nur weil ein Teil eines Tages wirklich doof ist, muss das nicht auch auf den Rest zutreffen. So beendet man den Tag wie Bowie und singt:
There's a starman waiting in the sky
He'd like to come and meet us
But he thinks he'd blow our minds...
13. März
100-Prozent-Donnerstag!
Ein bisschen getrödelt, was der BVG zugutekam, denn die hat mal wieder bewiesen, wie gut sie darin ist, Leute nicht pünktlich von A nach B zu bringen. Nach 15 Minuten auf den Gleisen stehend schreibt man dann doch noch schnell eine gereimte E-Mail ins Büro:
Berlin, Berlin, nicht geschwind, die S-Bahn spinnt.
Und hofft, dass das verstanden wird. Wurde es nicht.
Überwältigende Nachrichten trafen ein, sodass sich das Warten doch gelohnt hat.
Mein Film wurde für sein erstes Festival zugelassen. In England! Glückliche Regisseurin – und ein weiteres Projekt zeichnet sich am Horizont ab. Noch ist nichts spruchreif, aber gut fühlt es sich trotzdem an!
Musik
Letzten Sommer brachten die Kannibalen im Zivil – kurz K.I.Z. – ihr Görlitzer-Park-Album raus. Darin verarbeiten die Jungs ihre Jugend in Berlin, die wachsende Ausländerfeindlichkeit, Gewalt von rechts – kein Partyalbum, aber eines, das mich auf dem Rückweg begleitet hat. Frieden ist ein verdammt guter Song.
Andere Inspirationen
Nach einer sehr erfolgreich aufgenommenen Podcastfolge sitzt man dann noch mit Wein, Vollmond und guten Gesprächen draußen. Das Highlight des Abends war der von sich überzeugte Mann, der erst sicher war, ein Koala zu sein, bis er sich dann doch für eine Qualle entschied. Ich sag es ja, Berlin und so.
Film
Die David-Bowie- (oder Bauwie, wie wir jetzt sagen) Doku auf Netflix ist nix. Falls sie auf deiner Liste stand, kannst du sie getrost wieder löschen. Vielleicht kommt ja bald ein Biopic über ihn raus.
Little Fires Everywhere hab ich mir jetzt ausgesucht, und es gefällt mir bisher ganz gut. Ne typische Reese Witherspoon, à la Big Little Lies.
Und am 10. April gibt es eine neue Blackmirror Staffel!
So, dann haben wir das auch geschafft.
Bis nächste Woche.
Bussi Baba